dahlemer
verlagsanstalt

Johanna van Erden
Erreichtes Glück
Theaterstück in drei Teilen




1. Nachfahren
Eine Autobahnraststätte in Italien. Das Ehepaar Ruth und Roman Zweigl ist im Auto unterwegs. Zu Ruths pflegebedürftigem Cousin Carl und dessen Frau Anna. Seit vierzig Jahren leben diese beiden in einer norditalienischen Großstadt. Im Krieg mußten sie aus Deutschland fliehen. Jetzt im Alter sollen Ruth und Roman sie nach Deutschland heimbringen. Ins Heim bringen.

2. Spitzbuben
Während Ruth und Roman sich aneinander aufreiben und an der langen Fahrt von Königswinter nach Norditalien, hält Romans österreichischer Vater, der alte Zweigl, am Küchentisch mit seinem Freund Korn Frühschoppen. Die beiden alten Kämpen trinken sich einen sanften Rausch an, plaudern entspannt über Kochrezepte und ihre Mitwirkung am letzten Weltkrieg. So auch über Korns hohe Zeit als fescher Mitarbeiter der Wiener Anatomie von dreiunddreißig bis fünfundvierzig, als kein Mangel an Leichen herrschte. Zu Studienzwecken.

3. Reisefieber
Anna und Carl warten auf die Ankunft der »Kinder», die sie heim bringen sollen aus ihrem Exil. Carl, ehemaliger Musiker und Dirigent, kommandiert und dirigiert seine Frau Anna altersstarrsinnnig und tief beleidigt von seinem Schicksal, das ihn mit der Unbill des Alters geschlagen hat. Anna geht ihrer Hausfrauentätigkeit nach, wie sie es vierzig Jahre lang getan hat. Anna und Carl befinden sich selten im selben Raum, sie begegnen sich nur noch verbal. Carl lamentiert. Unterdessen stirbt Anna.

Vier der handelnden Personen verbindet Weltgeschichte als undeutlich erinnerter Teil der eigenen Biographie. Täter und Opfer des Zweiten Weltkrieges sind als Täter und Opfer alt geworden, verstreut über ganz Europa. Die Grenze zwischen Täter-Sein und Opfer-Sein ist längst verwischt, ihre Nachfahren haben sich an dritten Orten zusammengefunden. Als kreatürliches und kulturelles Bindeglied funktioniert zuletzt allein das Essen: das Gespräch übers Essen und über dessen Zubereitung.


Es ist schon so, dass man beim Lesen nachdenklich wird, weil das Stück bewusst eine eigene Sprache hat, einen ganz eigenen Ton anschlägt.

Stefani Hunzinger
Hunzinger Bühnenverlag